Mit dem inneren Löwen kämpfen
Schreibgedanken + Medienempfehlungen, die dich durch den Mai bringen
Warum schreibst postest du nicht?
Vor fast einem Jahr stellte ich mir und meinem Vergangenheits-Ich die Frage, warum ich so wenig schreibe. Den Essay, der daraus resultierte, durfte ich in dem wunderbaren Newsletter von Sophia Hembeck veröffentlichen (und alle fangirl-Träume wurden in diesem Moment erfüllt). Die Antwort in kurz; Schuld hat natürlich ein verschließbares Tagebuch aus meiner Kindheit und die Uni:
1 Jahr später. Ein eigener Newsletter, mehr Zeit zum Schreiben und 0 Scham bei der Themenauswahl. ABER. Jedes Mal, ob auf Social Media oder hier, ist da dieser kleine Moment, kurz bevor ich das Geschriebene poste, in dem ich krampfhaft versuche mich an irgendwelche Atemtechniken zu erinnern.
Wo kommt mein Text an, wie, in welchem Moment trifft er dich? Antworten auf diese Fragen kann auch keine Substack-Statistik geben. Dabei lese ich die meisten Newsletter hier mit Begeisterung und hoffe, hoffe, dass ihr weiterschreibt! Auch wenn ich ‚nur‘ 1 Herz dalasse.
Auf der Suche nach #leoenergy
Es bleibt Übung. Manchmal wünschte ich mir, ich würde fester an Sternzeichen glauben und mich automatisch in den Löwen verwandeln, der mir von den Sternen versprochen wurde. Selbstbewusst, stolz, sehr gute Haare.
Meistens fühle ich mich eher wie die Dompteurin im Bild, die versucht den Löwen in ihr Leben zu integrieren. (Ich glaube wir sind uns alle einig, dass Löwen nicht in Zoos oder den Zirkus gehören, sondern frei ihr Löwending machen sollten – was das jetzt für diese Metapher bedeutet, überlasse ich dir).
Das bringt mich aber auch zu meinen Konsumempfehlungen, von denen ich ehrlich glaube, dass sie deinen Mai ein bisschen besser machen könnten (oder ihn schneller vergehen lassen… hier regnet es immernoch?)
Bei Insta habe ich etwas ausführlicher zu Liv Strömquists im März erschienenen Buch Astrologie geschrieben. Liv Strömquists Bücher zu lesen fühlt sich nie wie Zeitverschwendung an, weil sie immer witzig und immer schlau schreibt. Für mich hätte es bei dieser Graphic Novel ein bisschen kritischer zugehen können.
Amore unter Palmen (kostenlos bei Joyn)
Goodbye Deutschland – Liebe (bei RTL+)In den letzten Monaten habe ich ziemlich viele Formate geschaut, in denen Menschen aus Deutschland oder Österrich in die ‚Fremde‘ reisen (heißt: arme Länder mit größtenteils nicht-Weißer Bevölkerung), um die wahre Liebe zu finden. Es gäbe so viel zu sagen, über diese koloniale Vorstellung eines exotischen Ortes, den es zu erkunden gilt, um ein weißes Schicksal zu erfüllen. Und irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, wenn ich das alles verarbeiten kann. In der Zwischenzeit sind die Sendungen deswegen interessant, weil zu 99 % hier die Menschen aus Österreich oder Deutschland gelinde gesagt hinters Licht geführt werden und auf die schablonenhafte Vorstellung von Liebe, der sie anhängen, im Rahmen von loverboy(girl) Scams hereinfallen. Offene Frage: Wo hört Sextourismus auf, wo fängt er an? Nur weil es unter dem Vorwand der Liebe geschieht, bleibt es Ausbeutung durch Europäer*innen – oder?
Mein Tipp für einen wirklich (!) spannenden Filmabend. Fall (2022, zu sehen bei Amazon prime) handelt von zwei Freundinnen, die auf einem 600 Meter hohem Funkturm nach einem Klettertripp gefangen sind. Es geht um Freundschaft, Social Media und Überleben. Ich empfehle dir, den Film mit einer*m Freund*in zu schauen – um euch gegenseitig zwischendurch bestätigen zu können, wie krass das alles ist, was da passiert. Ich hatte knapp zwei Stunden lang schwitzige Hände.
Zum Schluss ein Zitat aus Momo (1973, Michael Ende).
”In unserer modernen Welt”, unterbrach ihn der Agent Nr. XYQ/384/b, “haben Geheimnisse nichts mehr verloren.”
Ich lese gerade viel über Zeit, Kapitalismus und Glück. Momo ist da ganz klar Pflichtlektüre. Ich frage mich, welche Rolle Geheimnisse in Zukunft spielen werden, wenn KIs darauf angewiesen sind, mit so vielen Daten wie möglich gefüttert zu werden. Kinderbücher lesen also ganz klare intellektuelle Empfehlung für den Mai.
Der schöne Schein erscheint alle zwei Wochen. Du kannst diesen Newsletter unterstützen, wenn du ihn teilst oder einer Person zeigst, der er gefallen könnte. Danke und bis bald, Vivi ✨
Bald geht’s weiter mit einem Text über Body Positivity bzw. dem Ende des Hypes. In der Zwischenzeit wurden in den letzten Tagen diese furchtbaren Plakate aufgehangen. Danke Heidi, dass du das Warten an Bushaltestellen noch unangenehmer gemacht hast!